Dienstag, 23. Juli 2013

Genau ein Jahr

Heute ist es genau ein Jahr her seit dem Zusammenbruch.

Wir kauften heute schöne Blumen für unseren Garten und ich kaufte zudem als Andenken an diesen Tag einen weissen Rosenstock. Diesen pflanzte ich in die Nähe meines Atelierfensters. Eine wunderschöne Rose - und sie hat einen Duft wie Bonbons.

Nun sitze ich da und denke an diesen Tag zurück.
Wie es in mir aussah
Wovor ich mich damals fürchtete
Wie unglaublich leer ich war
Und wie müde ich mich fühlte

Deshalb kann ich oft nur zu gut nachfühlen, wie es anderen geht. Leider.

Und genau heute, an diesem Jahrestag hat sich Carsten Schloter das Leben genommen.
http://www.bernerzeitung.ch/schweiz/standard/Der-Chef-der-kein-eigenes-Buero-hatte/story/11843657

Und ich denke wieder zurück.

Eine grosse Menge kleiner Einzelteile hat dazu beigetragen, dass ich meinen Weg wieder fand. Nach und nach wurden die Lämpchen wieder angeknipst und ich konnte mich in meinem Dunkel behelfsmässig zurechtfinden.

Wie ich dorthin gelangte - da gibt es viele Faktoren, die mitspielten.
Klar ist mir heute nur, dass es unglaublich schwer ist, zu erkennen, wie man da reingerät.

Und es geht nicht ohne fremde Hilfe.
Ohne die Zuwendung meiner Frau
Ohne das Wissen, dass die Kinder an einem denken
Ohne Freunde, die einem SMS, Karten und Briefe senden, telefonieren.

"Man kann sich nicht am eigenen Haarschopf aus dem Brunnen heben". Es geht einfach nicht.

Und darum bin ich am heutigen Tag allen lieben Menschen verbunden, die mir in diesem Jahr irgend einer Weise geholfen haben.

Danke.



Freitag, 19. Juli 2013

Im Nebel

Der 19. Juli 2013, die Natur vertrocknet fast - zumindest an vielen Orten, wo es in den letzten Tagen nicht gewittert hat.

Gestern hat es rings um uns herum Gewitter gegeben, und es hat dort auch geregnet. Nur bei uns nicht. So war ich heute bereits früh im Garten und habe so gut wie möglich gewässert. Heute liegt dichter Nebel über der Landschaft und es liegt auch der erste leichte Duft von Herbst in der Luft. Etwas Melancholie kommt auf, dass sich dieses Jahr bereits schon fast wieder ins letzte Drittel begibt.

Und dabei denke ich auch ein Jahr zurück. Manches ist in meiner Erinnerung verblasst und wieder andere Vorkommnisse unauslöschbar eingebrannt. Die eigentlichen "grossen" und "einschneidenden" Ereignisse sind zwar präsent. Aber die Erinnerung hängt an ganz kleinen Dingen.

Es ist zum Beispiel der Duft der Landschaft, als meine Frau mich in die Klinik fuhr. Ein lauer Abend

Grasduft.

Ich hatte das Fenster im Auto auf der Beifahrerseite geöffnet. Und ich wusste nicht wohin meine Reise ging.

Wir waren still Das Auto fuhr irgendwie von selber Ich dachte, vielleicht sehe ich diese Landschaft zum letzten Mal

Ferienzeit
Die Strassen waren fast leer
Und ich war leer, aufgebraucht
Der Akku im tiefroten Bereich

Heute kann ich mir kaum mehr vorstellen, wie schlecht es mir damals ging. Dass ich teilweise vor lauter Nervosität und Angst den Tag nur mit Temesta überstand. Dass ich keinen Appetit mehr hatte ... und dass die Zukunft für mich nicht mehr exisiterte.

Oder es war die Atmospäre im Malatelier der Klinik. Ganz am Anfang unserer Appenzeller-Zeit waren wir an einer Adventsausstellung in der Klinik und unter Anderem auch in diesem Dach-Atelierraum. Mir hat es damals schon gefallen dort. Der Boden knarrte, es standen Bilder umher. Skulpturen, Farben, Papier, Leinwände.
Und ich hätte nie gedacht, dass ich einmal dort in diesem Raum malen würde. Dass ich überhaupt Bilder malen würde. Ein schöner, alter Raum
Und der Geruch nach dieser Farbe
Die Stille
Der Charakter des Raumes
Die Fenster
Die Menschen um die Maltische

Es war eine Welt, die für mich nicht mehr exisiterte
Etwas tun, das ohne Resultat sein musste

Erinnerungen...

Montag, 8. Juli 2013

Mein Sommerduft

Freude herrscht !

Die Ferienzeit ist angebrochen und damit die alljährlich etwas gemächlichere Zeit.

Das Mailvolumen ist auf ca 30% zurückgegangen, Der Verkehr rollt plötlich ganz flüssig, die Städte und Dorfer gehören den Daheimgebliebenen. Und jedes Jahr um diese Zeit komme ich erneut ins Schwärmen, warum es denn nicht das ganze Jahr so sein könnte.

Unter fast jedem Lindenbaum strömt mir in dieser Zeit der unmissverständliche Duft von "Ferien" entgegen. Der Duft, den ich als kleiner Knirps im Lindenpark Grenchen geschnuppert habe, wenn ich auf dem Geländer unter den Schatten spendenden Linden sass. Ich sah den weiter unten vorbeifahrenden Campingwagen zu und stellte mir vor, wohin die wohl fahren. Mal kamen viele hintereinander, mal war wieder ruhig.

Und dann gab es diese seltenen Nachmittage, wenn es sehr heiss war. Nichts schien mehr zu gehen in Grenchen. Irgendwie flüchtete sich jeder an einen schattigen Platz. Damals gab es ja noch keine klimatisierten Autos und so brach auch der Verkehr fast vollkommen zusammen. Eine eigenartige, aber wunderbare Stille legte sich über die Stadt. Der Lindenpark war leer - ich unter diesen Linden - und es war so richtig Ferien für mich.

Hinter mir plätscherte der schöne Brunnen mitten im Park (der natürlich inzwischen einem hässlichen Pavillon weichen musste). Ab und zu schlug die Kirchenuhr, das Einzige, was mich an das Vergehen der Zeit erinnerte. Oder ich sah, wie sich über dem Jura Gewitter zusammenbrauten und das ferne Donnergrollen lies die Hoffnung auf einen kühlenden Regen aufkeimen.

Lindenduft - was für andere der Meeresduft, ist für mich die Erinnerung an diese Linden. Vielleicht gehe ich diesen Sommer wieder mal in den Lindenpark



Bild: Lindenpark nach der Fertigstellung 1933, in der Mitte erkennt man den Brunnen, unten rechts das Geländer auf dem ich jeweils sass