Freitag, 2. November 2012

36 Stunden

Nun kommt sie, die grosse Müdigkeit.

15 Wochen nach dem wegweisenden Ereignis werde ich müde. Sehr müde. Es ist, als ob sich sämtlicher Schlaf, den ich irgendwann versäumt habe, sich nun meldet und nachgeholt werden will. Ich bin permanent erschöpft und nach ein paar Treppen hochsteigen sind meine Waden übersäuert.

Allmählich  habe ich das Gefühl, dass mein Körper begriffen hat, dass ich ihn nicht wieder auf das Sklavenschiff hetzen werde. Dass ich ihn nicht wieder in aller Herrgottsfrühe aus der Ruhe reissen werde und er den ganzen Tag nichts anderes zu tun hat, als mir zu dienen. Dass ich ihm seine Pausen und Ruheräume gönnen werde.

Es ist, als ob er sich jetzt endlich gehen lassen kann. Ausruhen darf. Es ist vor allem eine schwere bleierne Müdigkeit, aber keine Lethargie. Ich komme sehr wohl am Morgen aus dem Bett. Doch ich gönne mir durch den Tag ein paar Pausen und Ruhezeiten.

Neulich machte ich mir bei einer solchen Pause Gedanken und verglich meine Tage voher und wie sie jetzt ausschauen. Es fiel mir auf, wie unerklärlich es für mich ist, wie ich vorher all die Projekte erledigen konnte. Mein Tag muss 36 Stunden gehabt haben!

Nicht die Jahre in unserem Leben zählen, 
sondern das Leben in unseren Jahren zählt.
Adlai E. Stevenson

Wenn ich ausruhe und nachdenke, erkenne ich, wie sehr ich das Leben verlernt habe. Wie sehr ich eigentlich dauernd auf Trab war.

Doch, es gab solche Momente, kurze, dünn gesäte Momente:
Wenn ich im Winter auf dem Sofa lag und aus dem Fenster zum nahen Wald schaute und ich den Schneefall beobachtete. Oder wenn der Wind den Schnee durch unseren Garten wehte. Oder wenn ich einem Gewitter zuschaute oder ganz einfach nur auf der Terrasse lag und in den Himmel schaute. Es gab sie, diese kurzen Momente. Aber ich weiss, das ich in solchen Momenten zwar körperlich ruhte, aber mein Kopf schon wieder weiter dachte, schon wieder plante und organisierte.

Habe ich je wirklich geruht?




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